Drei Festivaltage Wahnsinn – Rückblick auf den letzten Tag bei Rock im Park
Zwei starke Festivaltage lagen bereits hinter uns, und das Zeppelinfeld in Nürnberg hatte sich endgültig in eine Matschlandschaft verwandelt. Wer am letzten Tag noch ohne Gummistiefel unterwegs war, hatte definitiv jede Schmerzgrenze überschritten. Die Headliner des Tages – für viele vermutlich Bring Me The Horizon und K.I.Z. – wurden mit Spannung erwartet. Doch bevor es zu den großen Namen kam, standen zunächst die Surprise Acts auf dem Programm.
Für Festivalverhältnisse vergleichsweise früh ging es bereits um 11:30 Uhr mit dem ersten Überraschungsact los. Im Vorfeld waren Knocked Loose als offizielle Zusatzacts angekündigt worden. Zwar gab es einige Hinweise vom Schwesterfestival am Nürburgring, wo am zweiten Tag bereits Surprise Acts aufgetreten waren, doch wirklich eindeutig war es nicht, wer in Nürnberg den dritten Festivaltag eröffnen würde.Einige spekulierten auf Kraftklub, die vielleicht ihre Mini-Show vom Ring erweitern und nun die große Park-Bühne entern könnten. Auch Electric Callboy und die Sportfreunde Stiller wurden als mögliche Kandidaten gehandelt. Die Spannung löste sich schließlich, als der Vorhang mit der Aufschrift „Welcome Back Home“ fiel – tatsächlich eröffneten die Sportfreunde Stiller den Tag als erster Act im leichten Regen. Trotz der frühen Uhrzeit war das Publikum zahlreich erschienen – vielleicht auch, weil viele auf einen anderen Überraschungsact gehofft hatten. Dennoch boten die Sportfreunde einen gelungenen, sanften Einstieg in den letzten Festivaltag. Die Stimmung war ausgelassen, vor allem in den vorderen Reihen wurde gut gefeiert. Anschließend folgten Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys mit Italo-Schlager, der überraschend gut ankam – gerade weil er so untypisch für ein Rockfestival war. Auch wenn die Surprise Acts unter den Frühaufstehern für gute Laune sorgten, fand ich die Auswahl für das Jubiläumsjahr eher unspektakulär. Es wirkte ein wenig so, als hätte sich Rock am Ringmehr Mühe mit der Inszenierung gegeben – sei es durch das kleine Campingplatz-Konzert von Feine Sahne Fischfiletoder durch den Überraschungsauftritt von Kraftklub. Und während der Ring einen vollen Set von Electric Callboy bot, musste man sich im Park mit einem DJ-Set spät in der Nacht zufriedengeben. Klar – der Slot um 11:30 Uhr ist undankbar für einen „wirklich großen“ Überraschungsact, und auch die Sportfreunde Stiller gehören irgendwie zum musikalischen Kulturerbe Deutschlands. Trotzdem glaube ich, dass sich viele Besucher etwas mehr Spektakel erhofft hatten.
Knocked Loose als dritter Surprise Act setzten dann ein deutliches Ausrufezeichen: Die US-amerikanischen Hardcore-Rocker rüttelten mit brachialem Sound endgültig alle Verschlafenen wach und gaben das Tempo für den weiteren Tag vor.
Leider überschnitten sich die Surprise Acts mit House of Protection und Frog Leap – zwei ebenfalls starke Bands, die ich gerne gesehen hätte… aber man wusste eben vorher nicht, wer die Überraschungsgäste sein würden. Generell war das Line-up am letzten Tag so dicht, dass ich nicht alle Acts sehen konnte, die ich mir vorgenommen hatte. Krankheitsbedingt war unser Team leider dezimiert, sodass ich das Festival größtenteils allein abdecken musste – unsere Kapazitäten waren entsprechend eingeschränkt. Weiter ging es für mich zu Myles Kennedy, der in diesem Jahr sein 20. Jubiläum bei Rock am Ring und Rock im Park feierte – wie er selbst auf der Bühne erzählte. Er präsentierte feinsten Rock mit seiner unverkennbaren, hohen und gleichzeitig kraftvollen Stimme. Zwischen den vielen Metalcore- und Hardcore-Bands war das eine willkommene Verschnaufpause. Auch wenn sich viele Songs klanglich ähnelten und das Set dadurch etwas eintönig wirkte, war es musikalisch stark und bot Gelegenheit zum Durchatmen und Mitschwingen. Da der Tag gefühlt immer schneller verging, war mein nächster und letzter Stopp vor dem Headliner Bring Me The Horizon das schottische Trio Biffy Clyro. Anfangs war ich etwas skeptisch, doch mit fortschreitendem Set wurden die Songs deutlich rockiger und härter, als ich zunächst erwartet hatte. Die Band schaffte es, die Stimmung noch einmal ordentlich anzuheizen und wurde von vielen zurecht als Tageshighlight gefeiert.
Dann war es endlich soweit: Bring Me The Horizon. Ich war gespannt, ob sie dem Hype gerecht werden und wie ihre Liveperformance wirkt. Schnell wird klar – diese Show ist ein Gesamtkonzept. Trotz „nur“ eines Festival-Slots zogen die Briten ihre komplette Bühnenproduktion mit Pyrotechnik, Konfetti und einem eigenen Storytelling-Konzept durch. Ihr aktuelles Album „Post-Human: New Gen“ wird apokalyptisch inszeniert, unterlegt mit robotischen Zwischensequenzen, die dem Publikum eine zusammenhängende Geschichte erzählen. Die Band bot einen gelungenen Mix aus Songs der letzten Alben, bis hin zu „Sempiternal“ (2013) und einem besonderen Cover von „Wonderwall“. Für ihre Show wurde eigens eine T-Stage installiert, die ins Publikum ragte und damit mehr Nähe zu Sänger Oliver Sykes ermöglichte. Diese Nähe wurde auch tatsächlich gesucht: Beim letzten Song „Drown“sprang Sykes ins Publikum, ließ sich umarmen, sang gemeinsam mit den Fans und kehrte mit neuen Accessoires auf die Bühne zurück – ein unvergesslicher Moment für alle Hardcore-Fans in der ersten Reihe. Zum Abschluss wurde mit dem Song „Throne“ noch einmal die letzte Energie aus dem Publikum herausgeholt.
Fazit:
Rock im Park war für uns ein gelungenes Festivalwochenende mit vielen musikalischen Highlights und neuen Eindrücken. Für ein Jubiläumsjahr hätte ich mir allerdings mehr Besonderes gewünscht – weder das Line-up noch die Inszenierung haben mich wirklich umgehauen. Zwar las man vereinzelt „30 Jahre Rock im Park“ auf Bannern, doch es fehlte das gewisse Extra. Vielleicht ist die Wahrnehmung als Pressemitglied auch eine andere als die der Besucher – dennoch hatte das Wochenende für jeden etwas zu bieten.
Und nun sind wir natürlich gespannt auf das nächste Jahr – mit Linkin Park!
Bis 2026 – wir zählen schon die Tage.
Fotos&Bericht: von Melina Thomaßen